Zur Sache 
«Nationalratswahlen 2007: Trend spricht für SVP», in Der Bund, 28. März 2007
(Interview: Patrick Feuz)


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«bund»: Bei den Nationalratswahlen von 2003 hat die SVP für schweizerische Verhältnisse kräftig zugelegt. Womit darf sie im kommenden Wahlherbst rechnen?

Werner Seitz*: Nimmt man die kantonalen Wahlen als Barometer, dürfte sich dieser Trend fortsetzen. Vielleicht nicht mehr im gleichen Ausmass wie 2003 und 1999. Aber die SVP hat ausser in den Kantonen Bern, Aargau und Zug seit 2003 überall gewonnen. Ihr grösstes Potenzial liegt dort, wo sie relativ neu Fuss gefasst hat, also etwa in den Kantonen Genf und Neuenburg. Hier dürfte die Partei stärker zulegen als im Kanton Zürich, wo sie schon vor vier und acht Jahren sehr stark war.

Mit der Einbindung Christoph Blochers in den Bundesrat werde die SVP an Wahlkraft verlieren, hatte die bürgerliche Konkurrenz gehofft. Man hat sich verrechnet.

Offensichtlich. FDP und CVP verlieren per Saldo immer noch Wähler an die SVP. Zudem gelingt es der SVP von allen Parteien am besten, Leute zu mobilisieren, die sonst nicht wählen gehen.

 Die Grünen sind im Moment im Hoch. Werden sie im Herbst die grossen Sieger sein?

Die Grünen sind seit 2003 in fast allen Kantonen stärker geworden. Wenn nicht plötzlich der Klimawandel von einem anderen Thema aus den Schlagzeilen verdrängt wird, zählen die Grünen im Herbst aller Voraussicht nach zu den Gewinnern.

Die grösste Verliererin war 2003 die CVP. Schafft sie bei den nächsten Nationalratswahlen die Wende?

In den Mittellandkantonen wie etwa dem Aargau hat sich die Partei seit 2003 aufgefangen. In ihren Stammlanden dagegen hat sie weiter verloren. Unter dem Strich kann die CVP möglicherweise den Rückgang stoppen.

Aber die CVP-Lage bleibt wegen der Stammlande prekär.

Ganz klar. Für die CVP schenken die Mittellandkantone nur beschränkt ein. Die Partei ist immer noch schwergewichtig in den Stammlanden verwurzelt. Und hier ist sie weiterhin auf der Verliererseite. Die Wende, die die CVP mit Doris Leuthard eingeleitet hat, fokussiert auf Agglomerationen. Im CVP-Hauptverbreitunsgebiet hingegen hat sich der Wechsel bisher nicht positiv ausgewirkt.

Ungemütlich ist die Ausgangslage für die FDP. Ihre Prognose?

Anders als die CVP hat die FDP fast in allen kantonalen Wahlen verloren. Immerhin lassen Umfragen vermuten, dass die FDP-Verluste gestoppt sind. Und in der Stadt Genf konnte die Partei am letzten Wochenende zulegen. Es kann da oder dort passieren, dass die Leute genug haben von der Polarisierung. Aber insgesamt gehe ich davon aus, dass die FDP im Herbst ihre lange Serie von Stimmverlusten noch nicht beenden kann.

Die SP hat bisher immer zugelegt, wenn auch die SVP zugelegt hat. Wie sieht diesmal der Trend für die SP aus?

Die SP hat eine durchzogene Bilanz, mit einem leicht positiven Überhang. Sie wird im Herbst kaum zu den strahlenden Siegerinnen gehören, aber wohl auch nicht klar im Verliererlager stehen.


*Werner Seitz
ist Politologe und Spezialist für Wahlen beim Bundesamt für Statistik.