Startseite > Eidg. Volksabstimmungen > Einzelne Volksabstimmungen > Einzelne Volksabstimmungen

  •  Werner Seitz

    Analyse der eidg. Volksabstimmung über die Volksinitiative «für eine gerechte Vertretung der Frauen in den Bundesbehörden» (Quoten-Initiative) vom 12 März 2000,
    Referat, gehalten an der Generalversammlung des Vereins «Frauen in den Bundesrat» vom 22. Juni 2000.


    Liebe Anwesende
    Ich werde Ihnen ein Referat vortragen, das ich Ende März bereits vor der Plenarsitzung der eidg. Frauenkommission gehalten habe. Es ist allerdings erweitert um die Ergebnisse der Vox-Analyse, welche nun vorliegen, und es konzentriert sich ausschliesslich auf die Quoteninitiative.
    Konkret sieht das Referat folgendermassen aus:

    Folie: Überblick
     

    • 1) Als Einstieg möchte ich nochmals kurz die Ergebnisse der Nationalratswahlen 1999, welche nun schon ein gutes halbes Jahr zurückliegen, in Erinnerung rufen, und darauf die Ergebnisse der kantonalen Wahlen (4 Regierungswahlen; 5 Parlamentswahlen), die seither stattgefunden haben, beleuchten.
      2) Darauf werde ich im Hauptteil zuerst die statistische Analyse der Gemeindeergebnisse vorstellen – zur Sprache kommt etwa die Frage, in welchen Regionen wurde die Initiative mehr abgelehnt und in welche weniger, oder wie sich diese Regionen unterscheiden – und anschliessend werde ich zeigen, warum und welche Leute für und gegen die Initiative gestimmt haben (Vox-Analyse).

    EINSTIEG

    1 Nationalratswahlen 1999

    Folie A1: Frauen bei NRW99, nach Parteien

    Im Vergleich zu den Nationalratswahlen 1995 verbesserte sich der Frauenanteil im Nationalrat um 2 Punkte auf 23,5%. Am grössten war die Steigerung bei der CVP (+3 auf 8), gefolgt von der FDP (+1 auf 9) und der SPS (+1 auf 20). Bei der SVP stagnierte die Zahl der gewählten Frauen (3), angesichts der massiven Mandatsgewinne führte dies zu einem Rückgang des Frauenanteils auf 7%.
    Trotz dieser leichten Veränderungen blieb das seit den achtziger Jahren geltende parteipolitische Verteilungsmuster der Frauenrepräsentation im Nationalrat bestehen: Am meisten Frauen (rund 40% und mehr) haben die SPS und die Grünen, keine oder nur sehr wenige die kleinen Rechtsparteien und die SVP.
    Auf eine Differenzierung ist allerdings hinzuweisen: Seit einigen Jahren nehmen CVP und FDP vermehrt eine Mitteposition ein; bei den Nationalratswahlen 1999 hat denn auch die Frauenrepräsentation bei diesen beiden bürgerlichen Parteien erstmals die 20%-Hürde überschritten.
     

    2 Kantonale Wahlen 2000

    2.1 Wahlen in die Kantonsregierungen
    Seit den Nationalratswahlen fanden in 4 Kantonen Gesamterneuerungswahlen der Regierungen statt (in UR, AI, SG und TG) sowie in 3 Kantonen Ersatzwahlen (BS, BL, AG).
    Zählen wir nun alle Frauen in den Kantonsregierungen zusammen, so ist der Prozess, der 1992 mit 5 Regierungsrätinnen eingesetzt hatte und sich bis Ende 1999 auf 33 Frauen steigerte, ins Stocken geraten: Nach den Wahlen im Jahr 2000 sitzt – erstmals seit langem – 1 Frau weniger in den Kantonsregierungen.

    Folie A2: Gewählte Frauen in den Kantonsregierungen 1983–2000
     

    • Kurzerläuterung:
      Keine Veränderung erfuhr die Frauenrepräsentation bei den Gesamterneuerungswahlen in den Kantonen UR (1), AI (0) und SG (Wechsel von CVP-Frau zu FDP-Frau). Im Thurgau wurde dagegen die SP-Frau durch einen SP-Mann ersetzt.
      Bei den Ersatzwahlen in BS, BL und AG änderte sich bzgl der gewählten Frauen nichts.


    Folie A3: Gewählte Frauen bei den kantonalen Parlamentswahlen 2000, nach Parteien
     

    2.2 Wahlen in die Kantonsparlamente
    Bei den Wahlen in den fünf Kantonen (UR, SZ, SG, GR, TG) stieg die Frauenvertretung im Parlament leicht an (+9 Frauen; +0,3 Punkte).
    In drei Kantonen vergrösserte sich die Zahl der gewählten Frauen:

    • UR: +5 Frauen von 10F/54M auf 15F/49M (23,4%)
      SZ: +2 Frauen von 12F/88M auf 14F/86M (14%)
      TG: +9 Frauen von 24F/106M auf 33F/97M (25,4%)
    In zwei Kantonen sank die Zahl der gewählten Frauen
    • SG: –4 Frauen von 39F/141M auf 35F/145M (19,4%)
      GR: –3 Frauen von 20F/100M auf 17F/103M (14,2%)
    Es geht nur noch langsam voran!
     

    Fazit

    • Die Frauenrepräsentation in den politischen Institutionen in der Schweiz liegt zwar mit 20% im vorderen europäischen Mittelfeld – die Steigerung, welche in den neunziger Jahren grössere Schritte machte, wurde jedoch gebremst; sie ist ins Stocken geraten.


      
      
    HAUPTTEIL: 
    Die Volksabstimmung über die Initiative «für eine gerechte Vertretung der Frauen in den Bundesbehörden» (Quoten-Initiative)

    1 Vorbemerkung
    Die Geschichte der Quoteninitiative ist bekannt, das Ergebnis nun auch.
    Ein schlechtes Abstimmungsergebnis war allgemein erwartet worden – das Resultat aber fiel noch schlechter aus: Es muss als Debakel bezeichnet werden.
    Von 131 Volksabstimmungen über Volksinitiativen, welche seit 1891 durchgeführt wurden, schnitten erst 10 schlechter ab als die Quoten-Initiative.

    Folie 1: Volksinitiativen mit weniger als 20% Ja-Stimmen

    In den letzten 30 Jahren erzielten nur 2 Initiativen schlechtere Ergebnisse:

    • Die Mitenand-Initiative (1981: 16,2%) und
    • Die Mutterschafts-Initiative (1984: 15,5%).
    •  
    2 Statistische Analyse der Abstimmungsergebnisse
    Bei allen 5 Vorlagen, welche am 12. März zur Abstimmung kamen (Verkehrshalbierung; Fortpflanzung; Beschleunigung; Justizreform und Quoteninitiative), fielen die Meinungsbekundungen sehr deutlich aus. Die Deutlichkeit war so stark, dass fast keine statistisch relevanten Unterschiede festzustellen sind zwischen Stadt und Land oder zwischen den Sprachregionen.
    Unter allen 5 Vorlagen hat die Quoten-Initiative am wenigsten polarisiert, das heisst:
    Stadt und Land, Deutschsprachige wie Romands waren sich grossomodo einig in ihrem Nein zur Quoten-Initiative.

    Dennoch gibt ein analytischer Blick in die detaillierten Gemeindeergebnisse noch einige Informationen frei für Differenzierungen der eindeutigen Ablehnung der Quoten-Initiative.

    Folie 2: Quoten-Initiative (1: Stadt-Land, 2: Sprachregionen)

    2.1) Stadt-Land-Gegensatz
    Dieser ist wenig ausgeprägt; er beträgt nur 6 Prozentpunkte.
    Städte stimmten mit 20% zu, ländliche Gemeinden mit 14%.

    2.2) Nach Sprachregionen
    Nur leicht stärker – 8 Punkte – ist der Unterschied zwischen den Sprachregionen
    Am höchsten war die Zustimmung in der französischsprachigen Schweiz (24%), gefolgt vom Tessin (18,5%). Die Deutschschweiz stimmte mit 16,5% zu.

    Folie 3: Quoten-Initiative (3: Stadt-Land und Sprachregionen)

    2.3) «Stadt-Land»-Gegensatz nach Sprachregionen
    A: Zuerst ein Blick in die einzelnen Sprachregionen

    • 1) Deutschschweiz und Romandie: bei beiden gibt es eine Polarisierung zwischen Stadt–Land von 6 bzw. 7 Punkten (dt-CH: 19% Städte, 12% ländliche Gemeinden; frz-CH. 27% Städte, 19% ländliche Gemeinden).
      2) Tessin: kein Unterschied Stadt–Land.


    B: Verbinden wir die Ergebnisse des «Stadt-Land»-Gegensatzes mit jenen des Gegensatzes zwischen den «Sprachregionen», so erhalten wir immerhin zwei Pole, die fast 15 Prozentpunkte auseinander liegen: Die ländlichen Gemeinden in der Deutschschweiz haben einen Zustimmungswert von 12%, die Städte in der Romandie von 27%.

    Folie 4: Quoten-Initiative (4: Gemeindetypen)

    2.4) nach Gemeindetypen
    Einen anderen Zugang gibt uns die Gemeindetypologie des BFS, welche die Gemeinden nach ökonomischen und regionalen Gesichtspunkten gruppiert (typisiert).

    Folie 5: Quoten-Initiative (5: Gemeindetypen nach Sprachregionen)

    2.5) nach Gemeindetypen und Sprachregionen
    A: Zuerst ein Blick in die einzelnen Sprachregionen

    • 1) Deutschschweiz und Romandie: beide polarisieren um 18 Punkte (mit demselben Muster):
      dt: 10% agrarische Gemeinden, 28% Grosszentren
      frz. 17% agrarische Gemeinden, 35% Grosszentren
      2) Tessin: relativ homogen: Spaltung um 6,5 Punkte (am höchsten: ländliche Pendlergemeinden!!); niedrig: semiagrarische Gemeinden.
    B: Suchen wir nun den Gemeindetyp mit der höchsten und niedrigsten Zustimmung, werden wir bei den frz. Grosszentren (GE, Lausanne) einerseits und bei den agrarischen Gemeinden in der Deutschschweiz fündig: 35% vs. 9,9%. Diese trennen 25 Prozentpunkte.

    Fazit

    • 1) Städte stimmten stärker zu als Landgemeinden
      2) Die Romandie stimmte stärker zu als die Deutschschweiz
      3) Diese beiden, verbunden mit der ökonomischen Gemeindetypologie, ergibt folgendes Bild: Am höchsten stimmten die Grosszentren der Romandie zu (35%), am niedrigsten  die agrarischen Landgemeinden in der Deutschschweiz (9,9%).

     
     
    • Exkurs: Ein Blick auf die «Extremgemeinden»
      Folien 6 und 7: Quoten-Initiative (zustimmende Gemeinden; massiv ablehnende Gemeinden)
      Fünf Klein(st)-Gemeinden stimmten der Quoten-Initiative zu (3xTI, 1xGR, 1xVD).
      16 Gemeinden verwarfen zu 100%; 17 Gemeinden mit 1 Ja-Stimme.
    3 Vergleich mit ähnlichen (gleichstellungspolitischen) Abstimmungsvorlagen
    Vergleichen wir die Abstimmungsergebnisse der Quoteninitiative (auf Gemeindeebene) mit den Abstimmungsergebnissen anderer «gleichstellungspolitischer» Vorlagen, so sind die Ergebnisse am ähnlichsten mit denjenigen
    • 1) der Mutterschaftsversicherungsvorlage (1999): Korrelationskoeffizient: 0.54
      2) der Mutterschaftsversicherungsvorlage (1984): Korrelationskoeffizient: 0.46
      3) dem neuen Eherecht: Korrelationskoeffizient: 0.44.


    Folie 8: Quoten-Initiative: Vergleich mit ähnlichen Abstimmungsvorlagen (Grafik; Gemeindeergebnisse)

    • Erläuterung:
      Alle Kurven laufen von unten links nach oben rechts, das heisst,
      die Gemeinden, die der Quoteninitiative nur schlecht zugestimmt haben, haben auch schon den früheren Abstimmungen, namentlich den beiden Vorlagen der Mutterschaftsversicherung (1999: 39%) und 1984: 15,8%), aber auch dem neuen Eherecht (1985: 54,7%) und dem Gleichstellungsartikel (1981: 60%). Ähnlichkeit gibt es auch zu den beiden Frauenstimmrechtsvorlagen, zu denen nur die Männer Stellung nehmen konnten (1959 und 1971).


    In diesen statistischen Zusammenhang widerspiegelt sich natürlich das gleichbleibende Muster, dass die Romandie und die Städte Frauenanliegen eher aufgeschlossen sind, die Deutschschweiz und die Landgemeinden in dieser Hinsicht konservativer stimmen.
     

    Folie 9: Quoten-Initiative: Vergleich mit ähnlichen Abstimmungsvorlagen (nach Kantonen)
    Ein Blick in die Kantonsergebnisse dieser Abstimmungsvorlagen zeigt, dass Gleichstellungsthemen in der Romandie (ausg. Wallis), im Tessin sowie in den beiden Basel und in Zürich seit jeher überdurchschnittlich gut aufgenommen wurden – im Gegensatz zur Deutschschweiz.
    Immer am höchsten zugestimmt hat Genf, am niedrigsten Appenzell Innerrhoden.

    Fazit

    • Die Gemeinden und Kantone haben bei der Quoteninitiative so abgestimmt, wie sie das schon bei früheren gleichstellungspolitischen Vorlagen taten. Von daher ist das Ergebnis keine Überraschung.
    4 Vergleich der Ergebnisse der Quoteninitiative mit den Anteilen der gewählten Frauen

    Folie 10: Quoten-Initiative: Vergleich mit Frauenanteilen im Nationalrat und Kantonsparlament (nach Kantonen)
    Es zeigt sich kein grosser Zusammenhang: In der Westschweiz und im Tessin, welche der Quoteninitiative und anderen gleichstellungspolitischen Vorlagen überdurchschnittlich stark zustimmen, werden nicht überdurchschnittlich viele Frauen in die Parlamente gewählt; im Tessin wurden gar mit 10% am wenigsten Frauen in das Kantonsparlament gewählt (dagegen weist Genf den höchsten Frauenanteil im Kantonsparlament und die höchste Zustimmung zur Quoten-Initiative auf).
     
     

    5 Die Ergebnisse der Vox-Analyse

    5.1 Einige allgemeine Befunde

    Folie 11: Quoten-Initiative: Vox-Analyse (1)
     

    • Am 12. März kamen ja bekanntlich 5 Vorlagen zur Abstimmung (neben der Quoten-Initiative die Justizreform, die Beschleunigungs-Initiative, die Fortpflanzungs-Initiative und die Verkehrshalbierungs-Initiative).
      Gefragt nach der subjektiven Entscheidungsschwierigkeit bei der Meinungsbildung, fanden 80% der Befragten, es sei leicht gewesen, bei der Quoten-Initiative sich eine Meinung zu bilden. Damit gehörte die Quoten-Initiative zusammen mit der Verkehrshalbierungs-Initiative zu den leicht verständlichen Vorlagen des 12. März.
    • Entsprechend dem leicht verständlichen Inhalt, hatten denn auch schon 1/3 aller Befragten von  Anfang an eine klare Meinung; fast die Hälfte der Befragten (43%) entschieden sich zwischen der 1. und 3. Woche vor der Abstimmung (auch hier ist die Ähnlichkeit mit der Verkehrshalbierungs-Initiative gross).
     

    5.2 Wer stimmte für und wer gegen die Quoten-Initiative

    Folie 12: Quoten-Initiative: Vox-Analyse (2)

    Geschlecht
    Frauen stimmten der Quoten-Initiative deutlich stärker zu als die Männer: 28% der Frauen und nur 11% der Männer sagten Ja zur Quote.
    Dies zeigt sich – ausgenommen die CVP (?) – bei allen Parteien, auch und besonders bei der SP: Die SP-Frauen stimmten mehrheitlich zu (56%), von den SP-Männern stimmte nur jeder Dritte Ja.

    Alter
    Hochinteressant sind die Befunde bezüglich des Alters:
    Am stärksten war die Zustimmung zur Quoten-Initiative bei den 30–49-Jährigen: Von diesen stimmte knapp jede 4. Person zu. Bei den über 50-Jährigen erhielt die Initiative noch von knapp jeder 5. Person Unterstützung.
    Zu denken geben muss der Befund hinsichtlich der jüngeren Stimmberechtigten: Nur gerade 7% der 18–29-Jährigen legten ein Ja in die Urne; 93% wollten keine Quote!!!
    Interessant ist, dass diese Jungen keineswegs zum Ziel, zur Gleichstellung von Frau und Mann, nein sagten – sie lehnten nur das Mittel, die Quote, ab.

    Parteisympathien
    Kaum überraschend sind dagegen die Feststellung bezüglich der Parteisympathien der Ja- und Nein-Stimmenden: In Ihnen spiegeln sich die Stimm-Empfehlungen der Parteien:

    • Als einzige Bundesratspartei beschloss die SP die Ja-Parole – und die Stimmenden mit Sympathien zur SP sagten zu 47% Ja zur Quote.
    • Bei der CVP hatten sich die Frauen im Vorfeld noch für die Quoten-Vorlage stark gemacht; CVP-Sympathisanten sagten noch zu 20% Ja
    • Deutlich (mit 10% bzw. 9%) war die Ablehnung der FDP und SVP-Sympathisanten.


    Fazit
    1) Was zu erwarten war:
    1.1 Frauen waren eher dafür als die Männer
    1.2 Die Bürgerlichen, v.a. FDP und SVP, waren klar geschlossen gegen die Quotenvorlage; die SP war uneins: nur die SP-Frauen waren dafür (von den Grünen liegen keine Angaben vor), die SP-Männer jedoch dagegen.
    2) Was überraschte:
    Bei den Jungen fand die Initiative kein Echo: 9 von 10 verwarfen sie
     

    5.3 Inhaltliche Wahrnehmung der Quoten-Initiative
    A: Die Quoten-Initiative bezog sich auf mehrere politische Institutionen (Bundesrat, National- und Ständerat, das Bundesgericht und Teile der Bundesverwaltung).
    Überraschend nun der Befund der Vox-Analyse: Gerade ¼ der Stimmberechtigten wusste spontan, dass sich die Initiative auf das Parlament bezog; dass auch der Bundesrat betroffen gewesen wäre, wusste noch jede 10. befragte Person. Dies ist umso überraschender, als der Auslöser der Quoten-Initiatve ja die Nicht-Wahl von Christiane Brunner in den Bundesrat gewesen war – der 3. März wurde ja im Titel der Initiative aufgeführt!!!
    Es ist also nicht gelungen, die Geschichte, den Auslöser der Initiative zu vermitteln (Nicht-Wahl von Christiane Brunner in den Bundesrat)

    • Zwei mögliche Erklärung:
      1) Der methodische Knackpunkt der Quoten-initiative war die Umsetzung bei den Institutionen, die nach dem Proporz gewählt werden, also dem Nationalrat: Um die Umsetzbarkeit zu belegen, wurden Modelle entwickelt – und wahrscheinlich ist das Pro-Komitee – und die Medien – letztlich bei diesen Modellen hängen geblieben.
      2) Mit der Wahl von Ruth Metzler in den Bundesrat wurde dem Argument, die Frauen wären im Bundesrat stark untervertreten, etwas der Wind aus dem Segel genommen.
    B: Überraschend ist auch die Feststellung, dass die Quoten-Initiative nur selten mit der Gleichstellung in Beziehung gebracht wurde: Nur 13% der Stimmberechtigten nannten als Zweck der Quoten-Initiative die Frauenförderung und die Gleichstellung.
     

    Fazit

    • Es ist in keiner Art und Weise gelungen, den Inhalt der Quoten-Initiative bekannt zu machen:
      Es waren weder der konkrete Inhalt der Initiative bekannt (welche Institutionen alle betroffen gewesen wären) noch – und das ist besonders gravierend – die Zielsetzung, die Gleichstellung der Geschlechter.
    5.4 Die Quote wird als Mittel zur Gleichstellung abgelehnt
    Eine letzte Tabelle soll zeigen, dass das Nein zur Quote vor allem ein Nein zum Mittel der Quote war.

    Folie 13: Quoten-Initiative: Vox-Analyse (3)

    Von den sechs  Argumente Pro und Kontra die Quoten-Initiative werden 5 alle etwa im Ausmass von 2:1 geteilt bzw. abgelehnt; grösste Zustimmung (85%) erfuhr einzig das Argument, dass Gleichstellung nicht mit der Quote erzwungen werden könne.
    Diese Meinungsäusserung, verbunden mit dem Befund, dass die Jungen sich so deutlich gegen die Quote – nicht aber gegen die Gleichstellung – ausgesprochen haben, legt den Schluss nahe, die Quote als Gleichstellungsinstrument fallen zu lassen. 
      
      
    SCHLUSS

    Mein Fazit lässt sich in zwei Punkte fassen:

    • Die Gleichstellung in den politischen Institutionen ist noch keineswegs erreicht; sie bewegt sich zwischen 20–25% und ist gegenwärtig sogar ins Stocken geraten.
    • Trotzdem: Die Quote ist als Gleichstellungsinstrument politisch desavouiert – nach den Abstimmungen in der Stadt Bern, im Kanton Uri und nun in der Schweiz. Von der juristischen Ebene (Bundesgericht) zu schweigen.
      • Natürlich gibt es auch heute noch genügend Argumente für die Einführung einer Geschlechterquote; nebst den jüngsten Wahlergebnissen kann auch auf andere Quoten in der Politik hingewiesen werden, die sinnvoll und akzeptiert sind.
        Doch in der Demokratie, namentlich der direkten Demokratie, zählt nicht immer das gehaltvollere Argument, sondern dasjenige, das eine Mehrheit findet. Die «Geschlechterquote» ist offensichtlich kein mehrheitsfähiges Argument. Salopp gesagt: «Quote ist politisch out».
    Es dürfte nun wohl darum gehen, das Instrument der  Quote in der Auseinandersetzung um mehr Frauen in den politische Institutionen durch neue Instrumente zu ersetzen. Parteipolitisch, denke ich, sollten vermehrt die CVP und die FDP angepeilt und in die Pflicht genommen werden, denn diese haben mit 20% Frauenvertretung in Bund und Kanton ein grosses Frauenrepräsentationsdefizit. Und wenn sie dieses beheben, wird die Gleichstellung im Bereich der Politik einen grossen Schritt nach vorne gekommen sein.
     
     
     
        •